Nichts für schwache Nerven

Nichts für schwache Nerven

- Dezember 16, 2020
- Branche: Anlagen- und Gebäudetechnik
- Unternehmen: En.plus GmbH
- Projektleiter: Stefan Bähr
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Es war eines jener Projekte, die zwar reizvoll, aber hochriskant sind: Als das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin die Errichtung einer zweistufigen Absorptionskältemaschine für den Campus Buch ausschrieb, beteiligte sich En.plus erst nach reiflicher Überlegung. Denn das von einem Mitbewerber realisierte Vorgängermodell war während der Inbetriebnahme abgebrannt und hatte einen Millionenschaden verursacht. „Unternehmen, die sich mit dieser in Europa selten verwendeten Technik auskennen, gibt es nicht viele. Wir haben bereits diverse solcher Maschinen gebaut und konnten die entsprechende Erfahrung vorweisen“, erklärt der technische Niederlassungsleiter Stefan Bähr, der nach Auftragsvergabe als leitender Projektingenieur eine große Verantwortung annahm. Die Vorgaben waren klar: Dort, wo die defekte Maschine stand, sollte die neue implementiert werden. Auf engstem Raum, eingebunden in ein Kältesystem aus drei wassergekühlten Kompressionskältemaschinen – befeuert durch das Abgas von zwei Gas-Blockheizkraftwerken (BHKW) und Warmwasser aus dem Fernwärmenetz. Die Arbeiten auf dem Forschungscampus begannen im Sommer 2019 mit der Demontage und Ausbringung der schadhaften Maschine sowie der aufwendigen Entsorgung des ausgekochten Lithiumbromid-Gemisches durch eine Spezialfirma.
Andreas Weber, Bauleiter
Doppelt und dreifach gesichert

Über den Seeweg nach Hamburg
Nach Fertigstellung wurde die in drei Teile zerlegte Anlage
aus Kollam über Saudi-Arabien, Italien, Spanien, Frankreich,
Holland und Großbritannien verschifft und traf rund 14 Tage
später im Hamburger Hafen ein. Bis dahin verlief alles nach
Plan. Auch die Anlieferung per Schwertransporter nach
Berlin erfolgte ohne größere Schwierigkeiten. Spannend
wurde es allerdings, als die 17 Tonnen schwere Anlage in
das Gebäude eingebracht werden sollte. „Die Maschine war
vier Zentimeter höher als die vorherige“, erklärt Bauleiter
Andreas Weber. „So passte sie nicht durch die Sicherheitstür,
die wir dann ausbauen mussten“, führt er weiter aus.
Nach dem Zusammenbau begann man mit den notwendigen
Anpassungsarbeiten an der Hydraulik des Gesamtsystems.
„Die gesamte Anlage war komplett falsch verschaltet“,
berichtet Stefan Bähr. „Die Absorptionskältemaschine soll te
als trägeres System nachgeschaltet werden, war aber umgekehrt
in den Prozess eingebunden. Innerhalb einer Wo che
– und nach Umstellung auf den dezentralen Notbetrieb – wurden Anpassungen an den Hauptleitungen durchgeführt
und größere Pumpen eingesetzt. Dann konnte die Maschine
in das System eingebunden werden.

Kälte aus 500 °C gewinnen
Die zweistufige Absorptionskältemaschine nutzt die Energie der rund 500 °C heißen Abgase eines angeschlossenen Blockheizkraftwerks, um daraus Kälte zu erzeugen. Als Kühlmedium wird Lithiumbromid genutzt. So lassen sich rund 900 kW Kälte erzeugen. Bei höherem Bedarf kann die gesamte Anlage 1.100 kW Kälte leisten. Hierfür wird in einer zweiten Stufe rund 90 °C heißes Wasser aus dem Fernwärmenetz als zweite Energiequelle hinzugeschaltet.Schwergewichtige Sonderanfertigung
Stefan Bähr, Projektingenieur


Schlaflose Nächte
Technische Daten
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1 zweistufige Absorptionskältemaschine 1,115 MW, Gewicht 17 Tonnen
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Kühlmittel Lithiumbromid
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1 WT-freie Kühlung 1,5 MW
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1 Pufferspeicher 12 m3
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3 Hybridrückkühler je 1,7 MW
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Einbindung in bestehendes System mit 3 wassergekühlten KKM
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Anpassung an das Abgassystem der beiden BHKW
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Einbindung in die Gebäudeleittechnik